Friederike Brun
(1765-1835)
Episoden aus Reisen durch das untere Italien in den Jahren 1809-1810, Leipzig 1818
- (Augusthitze) Scirocco! Schwitzbad! Dampfbad! Sonnenglut! Dürre! Nur wir werden zu Wasser! jetzt sind es bald vier Monate, dass auf dieser Fewerinsel kein Regen fiel; auch des Taues wird täglich weniger. Selbst das Rebenlaub fängt an, sich zu entfärben und zu verkrümmen... Kein Gräschen ist zu sehen, und die durstige Puzzolan- und Tufferde ist eitel Asche und Staub. Die Zisternen fangen an, zu versiegen. Kein Vogel singt, keine Blume duftet und auch der Cikade heiseres Lied verstummt... Nur die heissen Quellen der Insel sprudeln dampfend aus dem inneren Erdbrand hervor.
- (Casamicciola, Fest der Sta. Maddalena) Das lustige Völkchen war auf dem Platz vor der Kirche und in derselben versammelt. Drinnen ward Messe gelesen, geräuchert und am Rosenkranz gebetet, draussen nach der Tamburina getanzt, gejauchzt und Früchte, Eis und Pfefferkuchen verzehrt. Ich forderte einige junge Mädchen auf zum Tanz, aber keine wollte sich dazu verstehen und ich sah nachher, dass sie recht hatten. Ein paar junge Schiffer begannen einen Tanz, und ein Mädchen schlug die Handtrommel dazu; aber Gebärdungen und Stellungen waren so unsittlich, so frech, dass ich schnell, voll inneren Ekels und zitternd für die unschuldigen Blicke meiner Kinder mich aus dem engen Kreise der Zuschauer entfernte, und meinem Bedienten auftrug, die Zeche zu bezahlen... Das Volk dieser Insel ist doch kindischer, als ich je erwachsene Menschen gesehen habe, aber, ich wierderhole es, kindisch, ohne Kindlichkeit... Das Betteln ist hier allgemeiner, als ich es an irgend einem Orte, selbst in Italien, fand.