Anna A. Herzogin von Sachsen-Weimar
Briefe über Ischia.... (1788 - 1790)
- Den 4. August ging ich wieder nach Ischia und setzte mich an dem Meere und sah fischen zu. Den 5ten kam Heigelin wieder, vormittag wurde gespielt, nachmittag ritte ich nach Furia, besah eine capelle, die ein Particulier gestiftet hat und eine Art von Kloster ist, wo zwei Nonnen darinnen sind, aber kein Gelübde thun, von da ritt ich zum Lacco. Den 6ten August, den Nachmittag ritten wir auf die andere Seite der Insel, diese war die lieblichste, man war wie in einem englischen Garten. -
- Den 7ten ging ich von Ischia weg, wie ich vor Procida kam, stieg ich aus und wollte mich darin umsehen, es war aber zu warm, ich stieg also wieder ins Schiff und fuhr nach Neapel, wo ich um halb 3 Uhr ankam. Ich legte mich sogleich zubette, ich konnte das Meer nicht mehr vertragen. Den Aben ging ich noch zu Douglas und spielte eine Partie Whist. Den 8ten ruhte ich den ganzen Morgen, den Abend ging ich in das teatro fiorentino. Die Musik war nichts besonderes. Nach dem Theater bekam ich Visiten, der General Salis, sein Neveu, der Cte. Hamilton und die Harte (die spätere Lady Hamilton). -
- Die Bewohner dieser Zauberinsel sind reizbar, lebhafter und noch kindlicher als die Neapolitaner. Ihr Hang zur Schwatzhaftigkeit geht so weit, dass sie einen Fremden bald ermüden; man glaubt sich unter Elstern und Krähen zu finden. Wenn man sich von ihnen von einem Ort zum anderen tragen lässt, so fragen sie, ob man von ihnen: "Stumm", so muss man ihnen mehr zahlen. Ich habe selbst einen Versuch von dieser ihrer Leidenschaft gemacht. Ich liess mich tragen und verlangte von ihnen, dass sie sich stille dabei verhalten sollten; dafür versprach ich ihnen nach meiner Rückkehr ein gutes Trinkgeld. Sie versprachen alles Gute. Aber ihre Lebhaftigkeit erlaubte ihnen nicht, mich lange in Ruhe zu lassen. Da sie nicht sprechen durften, nahmen sie ihre Zuflucht zur pantomimischen Gebärdensprache, um ihr Mitleiden über meine vermeintliche Unpässlichkeit zu bezeugen; dabei wiesen sie mit dem Finger auf den Mund, um zu zeigen, dass ihnen das Sprechen verboten wäre. Dieser Spass dauerte eine ganze Weile, bis ich bei einer kleinen Hütte ihnen befahl, innezuhalten, um auszuruhen, weil es sehr heiss und der Weg sehr beschwerlich war. Die Träger setzten sich auf die Stangen der Sänfte und wiederholten mit vielen Grimassen ihre vorige Gebärdensprache. Endlich erlaubte ich ihnen zu sprechen. Auf einmal entstand ein solches Geschnatter und Geschrei, dass mir die Ohren gellten; und nun war auch kein Mittel mehr, sie zum Schweigen zu bringen.
Von ihrer grossen Reizbarkeit, wodurch sie, wenn sie in Zorn geraten, wahre Furien werden, bin ich selbst Zeuge gewesen. Unter meinen Fenstern hatte die Neugierde, di ihnen in hohem Grade eigen ist, eine Menge Volk versammelt. Sie machten Musik und tanzten ihre Tarantella. Zwei Weibern, die sich durch ihren Tanz auszeichneten, warf ich etwas hinab. Kaum war das unglückliche Geld geworfen, so verschwanden augenblicklich die Grazien: Neid und Zwietracht nahmen ihre Stelle ein. Die Tänzerinnen fielen sich einander in die Haare und schäumten vor Wut. Es floss Blut von ihren zerkratzten Wangen und zerrissenen Ohren; Fetzen von ihren Kleidungen flogen als Trophäen ihres Kampfes. Starke Männer wolten sie auseinanderbringen, wurden aber mit solcher Wut ab gewiesen, dass sie es nicht mehr wagten, ihnen nahezukommen. Ebensowenig konnte der Richter, welcher herbeigerufen wurde, diese Furien besänftigen. Endlich konnte ein alter Mann insmitteln (sic!) und schlichtete den Streit, vielleicht weniger durch seine Beredsamkeit, als weil die Streitenden an Kräften erschöpft waren. -